„ThinkTank-H2“ – Deutsche Expertise für die russische Anti-CO2-Strategie

Sakhalin, die östlichste Region der Russischen Föderation, hat die Absicht, bis 2025 den Ausstoß von Kohlendioxid (CO2) auf null zu reduzieren. Hierfür hat sich die Regionsregierung deutsche Unterstützung durch den Verein „ThinkTank-H2“ gesichert.

11.10.2021 – Der Verein „ThinkTank-H2“, Stuttgart, gibt den Abschluss eines Vor-Vertrages (Memorandum of Understanding – MoU) zur Gründung einer ÖPP (Öffentlich-Private Partnerschaft, public private partnership – PPP) mit der Regierung der Sakhalinskaya Oblast bekannt. Die Vereinbarung wird die Entwicklung einer kohlenstoffarmen Wirtschaft in der Oblast Sakhalin fördern.

„ThinkTank-H2“ wird vor allem seine internationalen Kontakte zu Wissenschaft, Politik, Verwaltungen und Investoren nutzbringend einsetzen, um die Oblast Sakhalin bei der Umwandlung von einer fossil-gestützten zu einer CO2-neutralen Wirtschaft bis 2025 auf Grundlage einer umfassenden Nutzung von Wasserstoff (H2) zu unterstützen.

Ziel des MoU ist der Aufbau eines Kompetenzzentrums in Sachalin für die Wasserstoff-Nutzung in den relevanten Bereichen der Wirtschaft Sakhalins:

  • Energie,
  • Transport,
  • Infrastruktur.

Das Kompetenzzentrum soll voraussichtlich ab 2022 allen staatlichen und privaten Organisationen in Sakhalin bei der Evaluierung ihrer Projektideen und -Vorschläge mit Beratung und fachlicher Expertise bei der Auswahl von Wasserstoffprojekten zur Seite stehen.

Valery Limarenko, Ministerpräsident der Sakhalinskaya Oblast: „Die Sakhalinskaya Oblast hat sich das ehrgeizige Ziel gesetzt, zur Modellregion für die Entwicklung kohlenstoffarmer Energie der Russischen Föderation zu werden. Wir freuen uns sehr, dass unsere Kollegen vom ThinkTank-H2 aus Deutschland uns in dieser Richtung unterstützen möchten.“
Maria Ganchenkova, Rektorin der Staatlichen Universität Sakhalin: „Die Entwicklung der internationalen Beziehungen im Rahmen der Bildungssysteme hat für uns höchste Priorität. Unsere Forschungsprogramme widmen sich mittlerweile wesentlich der Erforschung der technischen und wirtschaftlichen Nutzung nicht nur von Öl und Gas, sondern zunehmend auch dem Wasserstoff. Wir sehen darin den entscheidenden Energieträger, ohne den eine Energiewende zu einer karbonneutralen Zukunft schlicht nicht denkbar ist. Wir freuen uns sehr, dass wir den ThinkTank-H2 gewinnen konnten, uns mit seiner Expertise und Erfahrung in diesem Bereich zu unterstützen.“

Lutz Bungeroth, Vize-Präsident des ThinkTank H2, der als Projektleiter den „ThinkTank-H2“ im Beirat des Kompetenzzentrums vertritt: „Wir sehen hier im Fernen Osten Russlands riesige Entwicklungsmöglichkeiten für den Energieträger der Zukunft, Wasserstoff, über die Region hinaus für ganz Russland und weltweit.“ Raimund Nickel, CEO der WP Mobility & Industrial Solutions GmbH, Stuttgart: „Wir freuen uns, dass unsere bisherige langjährige Zusammenarbeit als WP MIS GmbH uns jetzt zu dieser zukunftsträchtigen Kooperation mit der Sakhalinskaya Oblast und der Universität von Sakhalin geführt hat.“

Hintergrund: Die Insel Sachalin liegt im Pazifik nördlich von Japan ungefähr auf derselben Breite wie Deutschland zwischen dem Ochotskischen Meer im Osten und dem Japanischen Meer im Westen. Vom russischen Festland ist Sachalin durch den 7,3 km breiten Tatarensund, von der japanischen Insel Hokkaidō durch die 43 km breite La-Pérouse-Straße getrennt. Bei der Insel Sachalin liegen die größten bekannten Erdöl- und Erdgasvorkommen Russlands. Im Küstengebiet östlich der Insel werden mindestens 700 Millionen t Erdöl und 2500 Milliarden m³ Erdgas auf einer Fläche von 20.000 km² vermutet, ähnlich große Reserven wie in der Nordsee. Seit 2001 werden im Projekt Sachalin I Erdöl und Erdgas gewonnen. Es folgte eine Flüssigerdgas-Anlage Sachalin II im Süden der Insel sowie Sachalin III. Die Rohstoffe werden durch eine Pipeline auf das russische Festland über Chabarowsk bis nach Wladiwostok transportiert. Eine weitere Pipeline führt auf die japanische Insel Hokkaido.

Russland verfolgt die Absicht, bei der Energiewende eine führende Position einzunehmen. Neben Öl, Gas und Atomstrom will es künftig vermehrt Wasserstoff auf dem Weltmarkt absetzen. Dafür setzt man auf hochmoderne Technologien und neue Projekte. Ein Testfeld für die Gewinnung von Wasserstoff soll Sachalin werden. Anfang September, beim Wirtschaftsforum in Wladiwostok, hat die Gebietsregierung mit dem Gasmonopolisten Gazprom und der staatlichen Atomholding Rosatom eine Absichtserklärung über die Entwicklung von Wasserstofftechnologien unterzeichnet. Unter anderem geht es um den Aufbau einer Produktionsstätte für Wasserstoff bis 2030, wie Limarenko auf dem Wirtschaftsforum in Wladiwostok der Nachrichtenagentur TASS mitteilte. Der Produktionsbeginn ist ab Ende 2024 geplant, zunächst mit einer Kapazität von 30.000 Tonnen pro Jahr. In der Endausbaustufe soll die Fabrik jährlich 100.000 Tonnen Wasserstoff liefern. An dem Projekt will man die französische Air Liquide, ein Weltmarktführer bei der Produktion von Industriegasen, beteiligen. Sachalin soll damit einerseits zum Exporthub für Wasserstoff in den asiatisch-pazifischen Raum ausgebaut, andererseits innerhalb Russlands selbst zum Vorreiter für die Verwendung des Brennstoffs werden. Rosatom will neben Windkraftanlagen künftig Atomkraftwerke an der Wasserstoffproduktion mittels Elektrolyse beteiligen.

Die Staatliche Universität Sakhalin wurde 1949 gegründet, zunächst als College für die Ausbildung von Lehrern, ab 1998 als staatliche Universität. Mit finanzieller Unterstützung der Exxon Oil and Gas Limited wurde an der Universität das Oil and Gas Institute eingerichtet. Heute unterhält die Universität fünf Institute, 2 Colleges und 2 Fachrichtungen. Über 7800 Studenten studieren an der Universität. Im Jahr 2021⁄22 bietet die Universität 43 Hochschulprogramme für Bachelors, 10 Masterprogramme, 7 Postgraduiertenprogramme und 37 Weiterbildungskurse an. Seit einigen Jahren bietet die Universität neue Kurse in angewandter Mathematik, Informatik, nachhaltigem Management natürlicher Ressourcen, Öl- und Gastechnik, Management, Übersetzungs- und Übersetzungsstudien, Linguistik, Ökologie, Journalismus, maritimen Bioressourcen und Aquakultur usw. an. Ein Schwerpunkt der Forschungsarbeit an der Universität gilt der Erforschung alternativer Energieträger wie Wasserstoff.

„ThinkTank-H2“ ist unabhängig und technologieoffen. Er will Orientierungshilfen im Dschungel der Interessen und Argumente rund um das Thema Wasserstoff geben. Dazu will er konkrete Projekte zur Einführung von Wasserstoff in allen Sektoren initiieren und unterstützen. Er will als „ehrlicher Makler“ zwischen den unterschiedlichen Interessen vermitteln. Mitglieder sind internationale hochrangige Vertreter aus Forschung, Wirtschaft, Wissenschaft und Politik.

Nähere Informationen sowie Bildmaterial unter https://thinktank-h2.org.

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